Die Entscheidung, die die SPD am 21. Januar auf ihrem Bundesparteitag in Bonn treffen wird, ist richtungsweisend, nicht nur für die Partei sondern auch und wohl vor allem für das Land. Die Parteitagsdelegierten sollen nach den Sondierungen zwischen Union und SPD den Weg frei machen für Koalitionsverhandlungen – eine Entscheidung die polarisiert. Wirbt der Parteivorsitzende Martin Schulz mit seinem Vorstand für die Verhandlungsaufnahme, kämpft beispielsweise der Juso-Vorsitzende Kevin Künert mit seiner Arbeitsgemeinsamt um eine Ablehnung. Und auch die Parteimitglieder vor Ort bewegt die anstehende Entscheidung.
Wie bewerten sie das Ergebnis? Über 80 Mitglieder sind der Einladung des SPD-Kreisvorstandes zur Diskussion in die Kreisstadt zu Stagges gefolgt. In einer lebhaften und kontroversen, von der Kreisvorsitzenden Christina Jantz-Herrmann eingeführten Diskussion wurde von vielen Befürwortern die im Papier niedergeschriebenen Errungenschaften deutlich herausgestellt.
Mit sozialen Mindeststandards, Angleichung der Unternehmensbesteuerung, Kampf gegen Steueroasen und dem Ende der einseitigen Sparpolitik für ein demokratisches, solidarisches und soziales Europa sorgen zu wollen.
Ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, eine Mindestausbildungsvergütung und ein öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für Frauen und Männer, die lange schon keine Arbeit gefunden haben, sollen die Grundlage für sichere Arbeit, gute Löhne, eine innovative Wirtschaft darstellen.
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern soll mit dem Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit und mit einem Anspruch auf Ganztagsbetreuung in Kita und Schule vorangetrieben werden.
Die Sondierer haben sich mit ihrem Papier für Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen und für ein Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut angesprochen. Hierzu gehören gebührenfreien Kitas und die faktische Aufhebung des Kooperationsverbots.
Ein stabiles Rentenniveau soll bis 2025 erreicht und eine Grundrente eingeführt sowie die Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung wieder eingeführt werden.
Insgesamt soll mehr investiert werden, in den flächendeckenden Ausbau des schnellsten Internets und mehr Geld für Straßen und für die Kommunen.
Als nicht ausreichend hingegen bewerteten die Kritiker das Ergebnis, wichtige sozialdemokratische Forderungen fehlten, wie die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Neben ihrer inhaltlichen Ablehnung befürchten sie eine weitere Erstarkung der linken und rechten Extreme in unserem Parteiengefüge. Zudem fehlt ihnen das Zutrauen in die Union, mit ihr in eine verlässliche Zusammenarbeit gehen zu können. Sind die Erinnerungen an den Glyphosat-Alleingang des CSU-Landwirtschaftsministers doch noch zu frisch. Und, warum sollten Vereinbarungen nun umgesetzt werden, die bereits im letzten Koalitionsvertrag enthalten waren und trotzdem von der Union blockiert wurden, wie das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit? Bei aller Kontroverse, wurde sachlich und fair diskutiert. Denn alle Diskutanten verband der Wille, eine Entscheidung zum Wohle der Partei und mit Verantwortungsbewusstsein für Deutschland zu treffen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es in den Redebeiträgen eine leichte Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gab. Nun bleibt abzuwarten, wie sich der Bundesparteitag am Sonntag entscheidet. Für Osterholz fahren Christina Jantz-Herrmann aus Schwanewede und Uwe Kempf aus Lilienthal nach Bonn. Gibt der Parteitag grünes Licht für Koalitionsverhandlungen, würde an ihrem Ende ein Mitgliederentscheid liegen.

Ein Verfahren, das bereits 2013 nach der vergangenen Bundestagswahl gewählt wurde. Gut drei Viertel der Genossinnen und Genossen hatten seiner Zeit für eine große Koalition gestimmt.